Die Liebe zu Nadel und Faden habe ich schon als Kind entdeckt. Mit gerade einmal vier Jahren linste ich fasziniert meiner Großmutter über die Schulter, wenn sie nähte, stickte, säumte oder stopfte. Ich wollte das auch können. Bald schon zeigte sie mir die ersten Stichfolgen. Von da an war ich ein für alle Mal und unwiderruflich der Nähkunst verfallen.
In späteren Jahren zog ein Schneidermeister in unser Haus und seitdem schneiderte ich jeden Abend mit ihm gemeinsam und sog alles begierig auf, was er mir beibrachte. Stich für Stich wurde ich immer besser und schon bald schneiderte ich nicht nur für mich selbst, sondern konnte mich vor Anfragen von Freunden und Verwandten kaum mehr retten.
Zu dem Zeitpunkt wuchs die Idee, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Ich kaufte Mode schon lange nicht mehr von der Stange, sondern entwarf und fertigte meine Kleidung selbst. Zahlreiche Komplimente für die Passform meiner Bekleidung bestärkten mich in meinem Traum vom eigenen Geschäft und so wagte ich 2005 den Schritt und gründete die Änderungsschneiderei „Nähstübchen“. Heute habe ich das wundervolle Privileg jeden Tag meiner Passion nachgehen zu können. Den Schritt in die Selbstständigkeit habe ich nicht eine Sekunde lang bereut.
2017 war ich zu Gast auf einer Gartenparty meiner Freundin. Alle Gäste sollten in Tracht erscheinen und so kämpfte ich mich in mein altes Dirndl. Ich merkte schnell, dass die Passform durchaus ausbaufähig war: Es ziepte und zwickte und schnürte mich ein. Da es das einzige Dirndl war, das ich besaß, blieb mir nichts anderes übrig, als mich wohl oder übel in das enge Kleid zu quetschen.
Auf der Party angekommen, hatte ich das Gefühl, jeden Moment aus dem verfluchten Dirndl zu platzen. Man musste mir mein Unbehagen angesehen haben, denn es dauerte nicht lange und eine Freundin sprach mich darauf an. Ich klagte ihr mein Leid und einige Biere später nahm die Idee eines nordischen Dirndls Form an. Warum nicht ein Dirndl designen, das norddeutsche Elemente aufgreift?
Die fixe Idee wollte mich auch am nächsten Tag nicht loslassen und so schnappte ich mir ein altes Fischerhemd und schmiss meine Nähmaschine an. Stundenlang tüftelte ich an meiner Vision eines Küstendirndls bis ich schließlich erschöpft, aber überglücklich das erste Küstenkleid in den Händen hielt. Das war die Geburtsstunde von Küstenkleider von Sijui.